Weitere Informationen zum Fachgebiet der Alten Geschichte

Das Fachgebiet wird an den meisten Universitäten als "Alte Geschichte" bezeichnet. Es hat sich im 19. Jahrhundert als eigenes universitäres Fachgebiet von der Philologie (heute: Altphilologie) und der allgemeinen Geschichte abgegrenzt. Weitere Nachbarfächer, die zur Altertumswissenschaft im weiteren Sinn gehören, sind insbesondere Vor- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie, Vorderasiatische Archäologie und Philologie, Ägyptologie.

Innerhalb der chronologischen Aufteilung der gesamten Geschichtswissenschaft befaßt sich die Geschichte des Altertums mit der Antike, d.h. mit der Zeit zwischen etwa 800 v. Chr. und 500 n. Chr. Rückgriffe ins 2. Jahrtausend v. Chr., also auf die minoischen und mykenischen Palastkulturen, sind seit einigen Jahrzehnten üblich. Die Kernphase des Faches beginnt mit der Zeit, aus der uns griechische Schriftzeugnisse vorliegen, also dem 8. Jh. v. Chr. Für diese Epoche hat sich folgende grobe Einteilung herausgebildet: Griechische Geschichte (8. - 4. Jh. v. Chr.); Hellenismus (griechischer Osten, 4. - 1. Jh. v. Chr.) Römische Geschichte (6. Jh. v. - 3. Jh. n. Chr.); Spätantike (3. - 5./6. Jh. n. Chr.).

Im Kern ist die Alte Geschichte also die Geschichte der Griechen und Römer. Soweit diese mit anderen Völkern in Berührung kamen, werden diese ( wie Ägypter, Vorderasiatische Völker, Phöniker, Karthager) einbezogen.

Die Vorlesungen des Fachgebietes geben im allgemeinen einen Überblick über einzelne Perioden der Antike und über die Ergebnisse der modernen Forschung dazu.

Unser Wissen über die Antike schöpfen wir aus den Zeugnissen, die sich aus dieser Epoche erhalten haben, also den antiken Quellen. Diese werden, nach der Art und Weise ihrer Überlieferung, in fünf Quellengattungen eingeteilt: Literarische Quellen sind (meist zusammenhängende) Texte, die als mittelalterliche Handschriften erhalten sind. Inschriften sind Texte auf festen Materialien (Stein, Bronze u.a.). Papyri sind Texte auf dem antiken Schreibmaterial Papyrus. Münzen bieten sowohl schriftliche als auch bildliche Informationen. Archäologische Quellen sind alle nichtschriftlichen Überreste aus der Antike.

Die Aufbereitung und Publikation dieser Quellen wird von Wissenschaftlern vorgenommen, die teils der Alten Geschichte, teils anderen Fachgebieten zugehören. Eine vollständige Ausschöpfung der Quellen erfordert natürlich die Kenntnis der entsprechenden Sprachen. Auch für das Studium der Alten Geschichte sind Kenntnisse in Griechisch und Latein nützlich. In den Magdeburger historischen Studiengängen werden sie aber nicht vorausgesetzt, sondern es wird mit (deutschen und englischen) Übersetzungen gearbeitet.

Der wissenschaftliche Umgang mit den althistorischen Quellengattungen erfordert Kenntnisse über ihre Entstehung und Überlieferung. Die Methodenseminare des Fachgebietes vermitteln diese grundlegenden Kenntnisse sowie weitere Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens.

Viele antike Historiker (z.B. Thukydides, Polybios, Livius) waren vorrangig an der politischen und militärischen Machtentfaltung bedeutender Staaten interessiert. Auf ihren Spuren hat die Geschichtsschreibung der Neuzeit, die dieses Interesse teilte, die Alte Geschichte zu Beginn meist als eine Geschichte von Kriegen und von großen Einzelpersönlichkeiten geschrieben. Im Lauf des 20. Jahrhunderts hat sich diese Perspektive grundsätzlich geändert. Im Gleichklang mit den anderen historischen Fachgebieten hat sich die Alte Geschichte wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Themen zugewandt, hat sich mit religions- und rechtsgeschichtlichen Aspekten befaßt und hat sich in jüngerer Zeit an der Etablierung der Alltags-, Mentalitäts-, Kultur- und Geschlechtergeschichte beteiligt (s. dazu genauer beim Fachgebiet Geschichte der Neuzeit/Neuere Geschichte).

Eine wichtige Voraussetzung für diese Entwicklung war die Erschließung und Heranziehung der Quellengattungen jenseits der literarischen Texte. So erlaubt z.B. die Publikation zahlreicher Papyri, die sich im trockenen Wüstensand erhalten haben, einen einmaligen Einblick in die rechtlichen Geschäfte und in das Alltagsleben im hellenistischen und römischen Ägypten. Die Inschriften erschließen eine Fülle von Informationen über regionale, lokale und persönliche Verhältnisse. Diese Quellengattungen wachsen, ebenso wie die Münzen und die archäologischen Zeugnisse, ständig weiter an, der Bestand an antiken Quellen ist keineswegs gleichbleibend, sondern steigt durch die archäologischen Ausgrabungen jedes Jahr um abertausende von Zeugnissen an, in deren Licht Forschungsergebnisse aktualisiert werden müssen. Aber auch an die traditionellen Textbestände stellt jede Gesellschaft und jede Generation neue Fragen und will die Vergangenheit aus der jeweiligen Perspektive interpretieren.

Die Seminare des Fachgebiets ermöglichen eine vertiefte Auseinandersetzung mit den antiken Quellen und mit den Herangehensweisen und Tendenzen der modernen Forschung.

Für die Schwerpunkte der Magdeburger historischen Bachelor- und Masterstudiengänge bestehen in der Geschichte des Altertums schon von ihrer Struktur her besonders günstige Bedingungen:

Die Kulturgeschichte hat in diesem Fachgebiet eine lange Tradition und in Jacob Burckhardt mit seinem vierbändigen Werk "Griechische Kulturgeschichte" (1898-1902) einen Vorreiter. In der Tradition Burckhardts wird der Kulturbegriff in der Alten Geschichte im allgemeinen sehr breit definiert, er umfaßt die gesamte Lebenswelt der Menschen, die in dem jeweils untersuchten räumlichen und zeitlichen Zusammenhang leben. Von der "großen" Politik bis in den privaten Mikrokosmos reicht daher das Themenspektrum, wobei besonders auf die Interdependenzen zwischen diesen Bereichen und auf die unterschiedliche Wahrnehmung der betreffenden Individuen, Gruppen, Schichten und Gesellschaften geachtet wird. Ein guter Teil des Quellenbestandes ist für kulturgeschichtliche Fragestellungen ergiebig.

In diesem Rahmen nimmt auch die Geschlechtergeschichte einen festen Platz ein. Seitdem der anfängliche Nachholbedarf an reiner Frauengeschichte gestillt zu sein scheint, befaßt sich die Forschung mit den Lebenswelten von Frauen und Männern, die ja in einem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis voneinander stehen.

Die Geschichte des Altertums ist europäische Geschichte, ein weiterer Schwerpunkt der Studiengänge, insofern sie weite Teile des Kontinents umfaßt, aber in einigen Bereichen auch darüber hinausgreift. Sie ist Ausgangspunkt und Reflexionsgrundlage für die gesamte historische Entwicklung Europas. In der Antike liegt der Ursprung des europäischen Bewußtseins, bei antiken Autoren finden wir die ersten Definitionen des Erdteils Europa sowie des Kulturraums Europa. Diese Aspekte werden vom Fachgebiet Geschichte des Altertums in die eigenen und in weitere Studiengänge der Fakultät, an denen das Fach beteiligt ist, eingebracht.

Die spezifischen Forschungsschwerpunkte der Mitarbeiter des Fachgebiets finden sich in den entsprechenden Rubriken.

Letzte Änderung: 24.10.2018 - Ansprechpartner: Webmaster