3. Tag der sachsen-anhaltischen Landesgeschichte 2012

30.11.2012 -  

Unter dem Titel "Transformationen der Region. Sachsen-Anhalt im 19. und 20. Jahrhundert" findet am 30. November im Landeshauptarchiv in Magdeburg bereits zum dritten Mal der "Tag der sachsen-anhaltischen Landesgeschichte" als wissenschaftliche Tagung statt. Dazu laden die Historische Kommission für Sachsen-Anhalt, das Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt sowie der Lehrstuhl für Geschichte der Neuzeit der OvGU und der Lehrstuhl für Zeitgeschichte der MLU Halle ein. Um Anmeldung wird bis zum 27. November gebeten.

 

Ankündigung der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt

Die Tagung knüpft an die interdisziplinäre Transformationsforschung an, die in den letzten Jahren die Wandlungsprozesse in vormals staatssozialistischen Gesellschaften analysiert hat. Es soll der Versuch unternommen werden, die durch diese Forschung entwickelten Fragestellungen, Konzepte und Modelle daraufhin zu überprüfen, inwiefern sie auch für regional- und landesgeschichtliche Untersuchungen zum 19. und 20. Jahrhundert fruchtbar gemacht werden können. Daher beginnt die Tagung mit einem Impulsreferat des in der Transformationsforschung profilierten Politologen Everhard Holtmann. Es folgen drei Sektionen, die für jene Regionen, die heute das Land Sachsen-Anhalt bilden, jeweils im engeren Sinne politische, ökonomische sowie kulturelle Wandlungsprozesse in den Blick nehmen.

Den ersten Transformationsimpuls im hier zu betrachtenden Zeitraum erfuhr das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt im napoleonischen Jahrzehnt zwischen 1807 und 1816 - durch die Integration großer Teile der Region in das Königreich Westfalen, dann durch die Gründung der preußischen Provinz Sachsen samt der (von vielen Betroffenen noch lange abgelehnten) Annektion des nördlichen Teils des Königreichs Sachsen. Der emanzipatorische Schub von Code Civil und preußischen Reformen sowie die Revolution von 1848 beförderten die Industrialisierung der Region und ließen sie zu einer ökonomischen, politischen und kulturellen Schnittstelle zwischen dem Westen Deutschlands und dem Osten der preußischen Monarchie werden.

Als zweite Umbruchperiode soll die in der Hochindustrialisierung um 1890 beginnende, dann aber vor allem mit dem Ersten Weltkrieg und seinem revolutionären Ende verbundene Transformation der Region zu einem „Laboratorium der Moderne“ thematisiert werden. Zugleich wird es um die gewaltsame Dramatik gehen, mit der die totalitären Antworten auf die Moderne gerade in dieser Region während der zwanziger und frühen dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts aufeinander trafen.

Als drittes hier zu erörterndes Transformationsphänomen wird die politisch induzierte Verwandlung der bürgerlichen Gesellschaft in die mehr oder minder - darüber streiten ja Historiker, Politologen und Soziologen noch - entdifferenzierte, zumindest stark entbürgerlichte Gesellschaft der DDR untersucht. Im Fokus stehen hier vor allem jene Jahre zwischen 1945 und 1952, als das Land Sachsen-Anhalt kurzfristig ein erstes Mal bestand. Aber auch die „Fernwirkungen“ des Nationalsozialismus, der bereits viele Traditionsbestände der deutschen Gesellschaft in einer sozialen Revolution der Gewalt beseitigt hatte, sollen berücksichtigt werden.

Die gesellschaftliche Transformation in Sachsen-Anhalt ab 1989 schließlich wird auf der Tagung nicht gesondert durch Beiträge repräsentiert sein. Die auf sie bezogene regionale Transformationsforschung soll jedoch in den Diskussionen zu den Sektionen sowie in der Abschlussdiskussion jeweils die Hintergrundfolie bilden, vor der sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Problem der regional- und landesgeschichtlichen Untersuchung von Umbruchzeiten auseinandersetzen werden.

Tagungsprogramm
09:00 Uhr Begrüßung
Ulrike Höroldt (Magdeburg)
09:10 Uhr Transformationen einer Region. Zum Konzept der Tagung
Silke Satjukow (Magdeburg) / Patrick Wagner (Halle)
09:30 Uhr Diskussionsimpuls aus Sicht eines in der Transformationsforschung engagierten Politikwissenschaftlers
Everhard Holtmann (Halle)

 

Sektion 1:Transformationen der Wirtschaft - Moderation: Patrick Wagner (Halle)

10:00 Uhr Die Entwicklung einer mitteldeutschen Industrielandschaft im 19. Jahrhundert
Peter Hertner (Halle)
10:30 Uhr Im „Laboratorium der Moderne“: Investitions- und Arbeiterpolitik in der mitteldeutschen Chemieindustrie der 1890er bis 1950er Jahre
Friederike Sattler (München)
11:00 Uhr Diskussion
Kaffeepause

 

Sektion 2: Politische Transformationen - Moderation: Silke Satjukow (Magdeburg)

12:00 Uhr 1848. Die Revolution im Schatten der Metropole. Die Provinz Sachsen und Anhalt
Mathias Tullner (Magdeburg)
12:30 Uhr Antibürgerliche politische Lagerbildung in der Weimarer Republik. Halle als Beispiel für die Polarisierung der politischen Kultur(en) in Mitteldeutschland
Dorothea Schumann (Halle):
Mittagspause
14:00 Uhr Von der Demokratisierung zur Sowjetisierung. Die Transformation von Politik und Gesellschaft in Sachsen-Anhalt nach 1945
Daniel Bohse (Magdeburg)
14:30 Uhr Diskussion

 

Sektion 3:Transformationen bürgerlicher Kultur - Moderation: Ulrike Höroldt (Magdeburg)

15:00 Uhr Wittenberg. Genese und Entwicklung eines modernen Erinnerungsortes für das protestantische Bürgertum im 19./20. Jahrhundert
Silvio Reichelt (Halle)
15:30 Uhr Bauhaus: Kulturelle Modernität in der mitteldeutschen Region
Walter Prigge (Dessau)
Kaffeepause
16:15 Uhr Kontinuität - Neuanfang - Marginalisierung: Bürgerlichkeit und Entbürgerlichung nach 1945
Thomas Großbölting (Münster)
16:45 Uhr Diskussion
17:15 Uhr Abschlussdiskussion: Was können politologische und historische Transformationsforschung voneinander lernen?
Impuls und Moderation: Patrick Wagner (Halle)
18:00 Uhr Ende der Tagung

Letzte Änderung: 11.01.2015 - Ansprechpartner: Silke Satjukow